Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem Beschluss vom 14.01.2016 (I ZB 56/14 – „BioGourmet“) seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit der nachträglichen Zahlungsbestimmung für die Widerspruchsgebühr (vgl. Senat, Beschluss vom 30.11.1973 – ZB 14/72, GRUR 1974, 279 – ERBA) bestätigt.

In der Sache hat er entschieden, dass im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr im Sinne des MarkenG die Ähnlichkeit von Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller Faktoren zu beurteilen sei, die das Verhältnis zwischen ihnen kennzeichneten. Hierzu gehörten Art und Zweck der Dienstleistungen sowie ihr Nutzen für den Empfänger sowie die Frage, ob sie nach Auffassung des angesprochenen Verkehrs regelmäßig unter gleicher unternehmerischer Verantwortung erbracht würden. Zwischen Einzelhandelsdienstleistungen, die auf nicht substituierbare Waren (einerseits Lebensmittel, andererseits Drogerieartikel oder Haushaltswaren) bezogen seien, könne eine Ähnlichkeit bestehen, wenn der Verkehr wegen Gemeinsamkeiten im Vertriebsweg, etwa Überschneidungen in den jeweiligen Einzelhandelssortimenten, davon ausgehe, dass die jeweiligen Einzelhandelsdienstleistungen unter gleicher unternehmerischer Verantwortung erbracht würden.

In dem Rechtsbeschwerdeverfahren hatte die Widersprechende ihren Widerspruch sowohl auf ihre für die Klassen 29 bis 33 und 35 eingetragene nationale Wort-/Bildmarke „BioGourmet“ als auch auf ihre Unionsmarke gestützt, aber nur eine Widerspruchsgebühr ohne nähere Bestimmungsangabe gezahlt. Auf Nachfrage des Deutschen Patent- und Markenamts teilte sie nach Ablauf der Widerspruchsfrist mit, dass die Zahlung der Widerspruchsgebühr sich auf den Widerspruch aus ihrer nationalen Marke bezogen habe. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat daraufhin die angegriffene für die Klassen 29, 30 und 35 eingetragene Wort-Bildmarke „GOURMET Bio“ gelöscht.

Das Bundespatentgericht hat der dagegen gerichteten Beschwerde der Markeninhaberin nur hinsichtlich der Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ der Klasse 35 stattgegeben, da zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen mit Ausnahme der vorgenannten Dienstleistungen Verwechslungsgefahr bestehe (29 W (pat) 547/13, juris).

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Markeninhaberin gegen die Löschung ihrer Marke geltend gemacht, dass der Widerspruch mangels rechtzeitiger Zahlung der Widerspruchsgebühr als nicht erhoben anzusehen sei. Weiter hat sie beanstandet, dass das Bundespatentgericht eine durchschnittliche Ähnlichkeit zwischen den für die Widerspruchsmarke geschützten „Einzelhandelsdienstleistungen, Einzelhandelsdienstleistungen für den Versandhandel und Dienstleistungen des Einzelhandels über das Internet, jeweils betreffend Lebensmittel, insbesondere aus landwirtschaftlichen sowie tierischen Erzeugnissen und hieraus gewonnene Fertigprodukte, Obst und Gemüse, Getränke“ und den für die jüngere Marke geschützten „Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich Drogerieartikel, Haushaltswaren; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den Verkauf von Drogerieartikeln, Haushaltswaren, auch über das Internet; Online- oder Katalogversandhandelsdienstleistungen im Bereich Drogerieartikel, Haushaltswaren“ angenommen habe. Gemeinsamkeiten im Vertriebsweg sprächen nicht für die Annahme der Dienstleistungsähnlichkeit. Die Feststellungen des Bundespatentgerichts umfassten den Dienstleistungsbereich des Internetvertriebs nicht. Die Sichtweise des Bundespatentgerichts führe zu einem uferlosen Schutz von Marken für Einzelhandelsdienstleistungen mit Lebensmitteln.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führt er zum einen aus, dass sich an den Grundsätzen der „ERBA“-Entscheidung (BGH, GRUR 1974, 279) auf der Grundlage der jetzt gültigen Bestimmungen nichts geändert habe und diese formellen Voraussetzungen hier erfüllt seien. Auch nach diesen Bestimmungen müsse die Widerspruchsmarke innerhalb der Widerspruchsfrist angegeben werden, und diese Angabe könne nicht nachgeholt werden. Dies besage über die Zulässigkeit einer Nachholung der Zahlungsbestimmung für die Widerspruchsgebühr nichts. Vorschriften, die bei der Gebührenzahlung zwingend die Angabe der Widerspruchsmarke vorsehen, bestünden nicht.

Mit der Regelung in der MarkenV, wonach im Register ein Eintrag vorzunehmen sei, wenn bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist kein Widerspruch erhoben worden sei, lasse sich eine Unzulässigkeit der nachträglichen Zahlungsbestimmung nicht begründen, weil die zunächst unterbliebene Zahlungsbestimmung nicht zur Unwirksamkeit des Widerspruchs führe und die Registereintragung nicht vorzunehmen sei. Der Zweck der Bestimmung im PatKostG, wonach der Widerspruch als nicht vorgenommen gelte, wenn die Widerspruchsgebühr nicht rechtzeitig gezahlt werde, sei, das Deutsche Patent- und Markenamt vor willkürlich erhobenen Widersprüchen zu schützen, dies erfordere die Anwendung der Unwirksamkeitsfolge bei nachträglicher Zahlungsbestimmung nicht.

Zum anderen seien die Grundsätze, welche Faktoren bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen zu berücksichtigen seien (siehe oben), auch bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen des Einzelhandels maßgebend. Das Bundespatentgericht habe zur Ähnlichkeit festgestellt, dass zwischen der Einzelhandelsdienstleistung mit Drogerieartikeln einerseits und mit Lebensmitteln und Getränken andererseits weitreichende Überschneidungen bestünden, weil der Drogeriefachhandel regelmäßig auch Lebensmittel verkaufe, während umgekehrt manche Drogerieartikel zum üblichen Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels gehörten, und die Dienstleistungsmarken sich somit auf gleichem Gebiet im stationären Einzelhandel begegnen könnten, und dass die Warenbereiche der Haushaltswaren und der Lebensmittel einen gewissen Bezug zueinander hätten, weil Haushaltswaren durchaus zusammen mit Lebensmitteln verkauft würden und Lebensmittelmärkte regelmäßig auch ein Sortiment an Haushaltswaren anböten, und sich beide Sortimente zudem im Bereich der Zubereitung von Speisen ergänzten. Diese Feststellungen des Bundespatentgerichts trügen die Annahme der Dienstleistungsähnlichkeit. Die Gemeinsamkeiten im Vertriebsweg sprächen für die Annahme der Dienstleistungsähnlichkeit, weil sich diese auf die Verkehrsanschauung auswirkten. Der Verkehr gehe angesichts der Gepflogenheiten im Einzelhandel nach Art und Zweck der Dienstleistungen davon aus, die jeweiligen Dienstleistungen würden unter derselben Verantwortlichkeit erbracht. Die vom Bundespatentgericht angenommene fehlende Substituierbarkeit von Lebensmitteln und Haushaltswaren schließe die Annahme einer Ähnlichkeit der Einzelhandelsdienstleistungen nicht aus. Überschneidungen in den Vertriebswegen könnten die Dienstleistungsähnlichkeit für sich begründen.

Die Feststellungen des Bundespatentgerichts umfassten den Dienstleistungsbereich des Internetvertriebs. Die durch den stationären Handel geprägte Sicht des Publikums sei ebenfalls für den Bereich des Onlinehandels maßgeblich.

Daraus folge kein uferloser Schutz von Marken für Einzelhandelsdienstleistungen mit Lebensmitteln, weil die Annahme einer Dienstleistungsähnlichkeit nur insoweit in Betracht komme, als der Verkehr im jeweiligen Fall von der Erbringung der Dienstleistungen unter einheitlicher Verantwortung ausgehe.

Autorin: Assessorin Karin Lau