In einem jüngst veröffentlichten Urteil des OLG Hamm vom 16.01.2014 (Az.: 4 O 102/13) hatte sich das Gericht mit der Frage auseinanderzusetzen, wie der Begriff der sogenannten „B-Ware“ definiert werden könne und ob es sich hierbei immer um gebrauchte Artikel handele.

Ein gewerblicher Händler von Unterhaltungsmedien bot sowohl Neuware, sprich A-Ware, und sogenannte B-Ware auf seiner Internethandelsplattform zum Verkauf an Endverbraucher an. Als B-Ware wurden solche Artikel bezeichnet, „die nicht mehr original verpackt bzw. bei denen die Originalverpackung beschädigt wurde oder fehlte“. Es wurde ferner auf der Internethandelsplattform beschrieben, dass zu den Artikeln der B-Ware auch solche gehören können, die „nur einmal ausgepackt und vorgeführt bzw. vom Kunden angesehen wurden, sowie Retouren aus dem Versandhandel“.

Korrespondierend hierzu nannten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der gewerblichen Händlerin unter anderem „beim Kauf gebrauchter Gegenstände verjähren Ansprüche der Kunden bei Mängeln innerhalb einer Frist von einem Jahr ab Erhalt der Ware.“

Der Händler wurde sodann von einem Wettbewerbsverband mit der Begründung abgemahnt, dass die Begrenzung der Gewährleistungsfrist auf ein Jahr unlauter im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 475 BGB sei.

Der Internethändler gab sodann die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ab und wurde daraufhin gerichtlich in Anspruch genommen.

In seinem Urteil führt der 4. Senat des OLG nunmehr aus, dass die Vorschrift des § 475 Absatz 2 BGB eine Markenverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sei. Die Vorschrift setze die Bestimmungen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in nationales Recht um und solle insbesondere dem Verbraucherschutz dienen. So sei eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs auf weniger als zwei Jahre stets untersagt.

Eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf lediglich ein Jahr ist jedenfalls nur dann zulässig, wenn positiv festgestellt werden könne, dass es sich bei den hierunter fallenden Waren um gebrauchte Sachen im Sinne des § 475 Absatz 2, 2. Alternative, BGB handele.

Da der Begriff der „gebrauchten Sache“ weder durch nationales Recht noch durch die Vorgaben der Richtlinie definiert werde, bedarf dieser der näheren Bestimmung, mithin der Auslegung.

Dabei scheint es gerichtsbekannt zu sein, dass insbesondere im Internethandel eine graduelle Abstufung der verschiedenen Beschaffenheitsbezeichnungen angewandt wird. Hierzu zählt das Gericht insbesondere solche Bezeichnungen, wie beispielsweise „wie neu“, „neuwertig“, usw. Das Gericht führt dazu aus, dass eine nicht mehr neue Sache nicht zwangsläufig zu einer gebrauchten Sache werden müsse, sondern „lediglich“ alt sein könne.

Zur Auslegung des Begriffs der „gebrauchten Sache“ müsse insoweit ein objektiver Maßstab herangezogen werden. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass es der Verkäufer sonst in der Hand hätte, durch die Verwendung des Begriffs der „gebrauchten Sache“ immer die Gewährleistungsfrist von zwei Jahren auf ein Jahr zu begrenzen.

Der Senat greift hier zudem auf die Formulierung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie im englischen und französischen Wortlaut zurück (second-hand goods und bien d’occasion) zurück. Somit wäre eine sinngemäße Übersetzung mit dem Begriff der „zweiten Hand“ richtig. Definieren würde der Senat den Begriff der „gebrauchten Sache“ somit „mit vom Hersteller, Verkäufer oder einem Dritten bereits ihrer gewöhnlichen Verwendung zugeführten und deshalb mit einem höheren Sachmängelrisiko behafteten Sachen.“

Da diese Definition jedoch nicht mit der Beschreibung einer sogenannten „B-Ware“ des Anbieters korrespondiere, handele es sich vorliegend um eine wettbewerbswidrige Verkürzung der Gewährleistungsfrist. Dabei sei insbesondere auf den Umstand hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut der Beschreibung des Internethändlers auch solche Artikel, die „nicht mehr original verpackt sind bzw. bei denen die Originalverpackung beschädigt wurde oder fehle“, als sogenannte „B-Ware“ gekennzeichnet sind. Diesen Artikeln, so führt der Senat aus, fehle jedoch aufgrund einer gewöhnlichen Verwendung das erhöhte Risiko eines Sachmangels aufgrund ihres Gebrauchs. Auspacken und Vorführen eines elektronischen Gerätes durch den Verbraucher beim Fernabsatz führt nicht zur gewöhnlichen Verwendung eines Gerätes, da hierdurch die Ware nicht einem erhöhten, durch den Verkäufer nicht abschätzbarem und sein Interesse an der Verkürzung der Gewährleistungsfrist rechtfertigenden Mangelrisiko ausgesetzt werden würde. Wird ein Artikel mehrfach ausgepackt und auch mehrfach interessierten Kunden vorgeführt, kann dieser Umstand zu einer anderen Beurteilung führen, was hier aber nicht dargetan ist, und dieses entspräche auch nicht der vom Händler verwendeten Definition.

Das Gericht geht ferner davon aus, dass die Verbraucher auch nicht der Auffassung unterliegen, dass es sich bei sogenannter „B-Ware“, die nur an der Verpackung eine Beschädigung aufweist, um solche handelt, die geringwertig sei oder nicht mehr als neu zum Verkauf stünde und aufgrund dieser Umstände eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist angemessen sei. Vielmehr ist auch Ware, die gemäß der Definition des Verkäufers als „B-Ware“ zu bezeichnen sei, mit einer zweijährigen Gewährleistungsfrist zu vertreiben.

Da die verwendete Formulierung des Verkäufers dazu geeignet sei, dem Verbraucher Rechte abzuschneiden und somit dem Verkäufer eventuelle Kosten zu ersparen, erfüllt diese unwirksame Vertragsklausel den Tatbestand des § 3 Absatz 2 UWG. Die Verwendung dieser Klauseln war somit vom Erkennenden Senat zu untersagen.

Autor: Rechtsanwalt Felix Seehausen, LL.M