Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich in einem jüngst entschiedenen Fall (Aktz. I ZR 192/12) mit der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von entgeltlichen Gewinnspielen zu befassen.

Der überaus bekannte Lakritz- und Fruchtgummihersteller aus Bonn bewarb Anfang des Jahres 2011 seine Waren im Fernsehen. Dabei wurde der Moderator Gottschalk mit verschiedenen Kindern gezeigt. Es wurde dazu aufgefordert, an einem Gewinnspiel der Werbenden teilzunehmen. Dieses war dadurch möglich, dass Kunden fünf Packungen Fruchtgummi im Einzelhandel erwarben und den entsprechenden Kassenbon beim Hersteller einsenden konnten. Zu gewinnen waren 100 „Goldbärenbarren“ im Wert von jeweils 5000 EUR.

Der Werbende wurde daraufhin abgemahnt, diese Werbung zu unterlassen, da sie eine Kopplung von Gewinnsspielmöglichkeit mit Warenabsatz gegenüber Kindern darstellte. Diese Kopplung stelle einen Verstoß nach § 3 Abs. 2 UWG dar. Es werde die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen durch diese Werbung gezielt ausgenutzt. Die Klage der Wettbewerberinnen – nach erfolgloser Abmahnung – hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Die Gerichte stellten insoweit fest, dass hier im Einzelfall die strengen Sorgfaltsmaßstäbe des § 3 Abs. 2 Satz 3 UWG gelten müssten, da es sich vorliegend um eine unlautere Geschäftspraktik handele. Es müsste somit auf die Sicht von Kindern und Jugendlichen abgestellt werden, die durch die Werbung zu einem Kauf über ihren Bedarf hinaus veranlasst werden könnten.

Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung nunmehr auf und wies die Klage der Wettbewerberinnen ab. Zwar könnten Gewinnsspielkopplungen nach § 4 Nr. 6 UWG im Einzelfall wettbewerbswidrig sein, soweit diese gegen eine berufliche Sorgfalt verstoßen würden. Dieses gelte aber nicht für diesen Einzelfall, da der strenge Sorgfaltsmaßstab nach § 3 Abs. 2 Satz 3 UWG hier nicht in Betracht käme. Die beanstandete Werbung sei voraussichtlich und vorhersehbar nicht allein auf das geschäftliche Verhalten von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten. Schließlich seien die Produkte der Beklagten Herstellerin bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Somit sei die beanstandete Werbung ebenso geeignet, das Einkaufsverhalten von Erwachsenen zu beeinflussen. Es ist somit für die Beurteilung dieses Streitfalls auf das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers abzustellen.

Da die Kosten der Gewinnspielteilnahme – Kauf von fünf Packungen – deutlich gemacht wurden, verstieße die beanstandete Werbung nicht gegen die berufliche Sorgfalt. Ferner werde auch keine unzutreffende Gewinnchance dargestellt.

Der Bundesgerichtshof befasste sich ferner in seinem Urteil auch mit den speziell dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienenden Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Er nahm jedoch an, dass die Fernsehwerbung der Beklagten keine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder darstelle. Ferner sei die Werbung auch nicht dazu geeignet, in unlauterer Weise die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen, § 4 Nr. 2 UWG.

Autor: Rechtsanwalt Felix Seehausen