Ende Januar hat die Zivilkammer 24 des Landgerichtes Hamburg (324 O 264/11) das mit Spannung erwartete Urteil des ehemaligen Präsidenten der FIA gegen Google verkündet. Streitgegenstand sind zahlreiche Fotos, die den Kläger – teilweise mit seinem Bildnis, teilweise ohne Weiteres seine typische Körperhaltung zeigend – wiedergeben. Diese Bilder waren unter anderem über die Suchmaschine der Beklagten zu finden. Die Fotos entstammen Videofilmaufnahmen aus einem gegen die unbefugte Einsichtnahme geschützten Raum, in dem unter anderem der Kläger aufgenommen wurde. Einzelne Bilder sind auch in der britischen Boulevardzeitung „News of the World“ publikumswirksam veröffentlicht worden. Die Veröffentlichungen gingen zurück auf das Jahr 2008. Seinerzeit ist der Kläger gegen alle ihm bekanntwerdenden Quellen, die derartige Fotos veröffentlichten, erfolgreich zivilgerichtlich vorgegangen.

Trotz des erfolgreichen zivilgerichtlichen Vorgehens gegen zahlreiche, die streitgegenständlichen Bilder veröffentlichende Medien, sind auch danach immer wieder diese Fotografien über das Internet publiziert und über die Suchmaschine der Beklagten auffindbar gewesen. Soweit möglich, ist der Kläger dann gegen die Betreiber der die Bilder einstellenden/veröffentlichenden Quellen vorgegangen; zumeist ist jedoch in der Folge erneut eine Veröffentlichung der Bilder unter einer anderen Quelle über das Internet erfolgt. Diese Bilder konnten über die Suchseite der Beklagten, u. a. über die Funktion „Bildersuche“ oder „ähnliche Bilder suchen“ aufgefunden werden.

Der Kläger hat im weiteren Verlauf die Beklagte aufgefordert, ihn zeigende Fotos, nicht über die Suchseite der Beklagten Dritten zugänglich zu machen. Insbesondere hat er sie aufgefordert, durch geeignete technische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass die von ihm bezeichneten Fotos nicht über die Suchmaschine der Beklagten angezeigt werden. Die Beklagte also einen Filter einrichtet, der verhinderte, dass diese Bilder unter Verwendung der Suchmaschine Dritten zugänglich gemacht werden.

Der Kläger hat mit Hilfe eines Privatgutachtens dargelegt, dass ohne größere technische und resourcenintensive Programmierung, eine Abänderung der so genannten „Crawler“ möglich sei, um die beanstandeten Bilder herauszufiltern und nicht anzuzeigen. Die Beklagte hat insbesondere in Zweifel gezogen, dass eine mit hinreichender Präzision arbeitende Bilderkennungs-Software mit vertretbarem Aufwand entwickelt werden könne, die in der Lage sei, die betreffenden Bilder innerhalb angemessener Zeit herauszufiltern. Die Verpflichtung der Beklagten zu einem Einsatz eines wie auch immer gearteten Filtersystems stünde im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Ferner bestehe keine Verpflichtung zu vorbeugenden Maßnahmen außerhalb des Bereiches der Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums.

Das Landgericht Hamburg hat angenommen, dass es örtlich zuständig ist. Der Kläger habe Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend gemacht. Hierfür sei der Begehungsort maßgeblich. Die streitgegenständlichen Fotos hätten auch in der Bundesrepublik Deutschland und im Einzugsbereich des Landgerichtes Hamburg in Augenschein genommen werden können. Daher sei ein ausreichender und damit zuständigkeitsbegründender Inlandsbezug gegeben.

Gegen den Betreiber eines Internetforums könne der Verletzte einen Unterlassungsanspruch geltend machen, ohne dass er zunächst gegen die einzelnen Personen vorgehen müsse. Unter Bezug auf die Entscheidung des BGH (VI. ZR 101/06) hat die Kammer ausgeführt, dass die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Betreibers eines Internetforums für dort eingestellte Beiträge nicht deshalb entfalle, weil dem Verletzten die Identität des Autors bekannt sei. Überdies sei zu beachten, dass der Kläger unstreitig mehrere Verfahren wegen der streitigen Bilder geführt und Unterlassungsverfügungen erwirkt habe. Auch dann, wenn man eine vordringliche Inanspruchnahme des jeweiligen Autors oder Seitenbetreibers für erforderlich hielte, sei diese Verpflichtung vorliegend erfüllt, da der Kläger bekanntlich gegen zahlreiche Verletzungen unmittelbar vorgegangen sei.

Auf den Sachverhalt sei deutsches Recht anwendbar. Der Unterlassungsanspruch begründe sich nach dem § 823 Abs. 2 1004 Abs. 1, Satz 2 BGB – analog i. V. m. §§ 22, 23 KUG. Da einzelne konkret angeführte Bildnisse, den Kläger in seiner geschützten Intimsphäre und damit zugleich sein Recht am eigenen Bild, als Ausbildung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes verletze, sei der Unterlassungsanspruch begründet. Der Kläger sei auf den streitgegenständlichen Abbildungen hinlänglich klar zu erkennen, er sei hinreichend identifizierbar. Die Bildnisse ließen den Kläger hinreichend deutlich erkennbar sein.

Die öffentliche Verbreitung einzelner streitgegenständlicher Bildnisse ohne Zustimmung des Klägers verletze – auch unabhängig in welcher konkreten Einkleidung diese verbreitet würden – das nach dem Grundgesetz und der europäischen Menschenrechtskonvention geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die Bildnisse seien in einem von der Öffentlichkeit abgeschirmtem Raum entstanden. Diese seien der Intimsphäre des Klägers zuzurechnen.

Die Beklagte hafte auf Unterlassung der Verbreitung der Bildnisse.

Die Haftung des Störers sei vorliegend gegeben. Sie gelte aber auch hier nicht uneingeschränkt. Bezogen auf die Verhaltenspflichten und deren Umfang verweist die Kammer 24 des Landgerichtes Hamburg auf die Entscheidung des 6. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes (VI. ZR 269/12). Danach komme den Betreibern einer Suchmaschine nicht grundsätzlich die Verpflichtung einer Suchergänzungsfunktion zu. Eine entsprechende präventive Filterfunktion könne zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer Internet-Suchmaschine treffe deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlange. Weise ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes hin, sei der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Die Prüfungspflicht, insbesondere die präventive Prüfungspflicht, setzte daher die Verletzung zumutbarer und möglicher Prüfungspflichten voraus.

Es könne hier dahinstehen, ob die vorprozessualen Hinweise des Klägers hinreichend konkret waren. Da vorliegend der Rechtsverstoß in Form eines Eingriffs in die Intimsphäre des Klägers eindeutig erkennbar war, bedurfte es keiner weiteren umfangreichen schwierigen Abwägung zwischen den Interessen zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Klägers und dem Kommunikationsrecht sowie dem Recht auf Meinungsfreiheit der Beklagten.

Die Suchmaschine der Beklagten sei jedoch nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Natur. Die Beklagte durchsuche mit Hilfe einer Software das Internet, speichere die aufgefundenen Bilddateien auch aus Gründen der Effizienz bei der Anzeige auf eigenen Servern und verbände diese mit Anfragen von Nutzern. Daher beschränke sich die Beklagte nicht nur auf die Bereitstellung einer Information für den Zugriff von Dritten. Die Beklagte selber schaffe die Verknüpfung zwischen den Inhalten, vorliegend den streitgegenständlichen Bildern. Da die angezeigten Bilder von der Beklagten stammten, könne auch diesbezüglich hinsichtlich der Bildersuchfunktion vorgeworfen werden, keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um die Verletzung von Rechten Dritter hinreichend auszuschließen. Bedingt durch die Erheblichkeit des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers falle die Güterabwägung eindeutig zum Nachteil der Beklagten aus, die hinreichende Vorkehrungen treffen müsse, dass bei dem Bildersuchdienst für im Netz aufgefundene Bilder ein hinreichender Filter vorgesehen werde, der verhindere, dass Bilder, die den Kläger in seiner Intimsphäre zeigten, über ihre Suchmaschine bereit gehalten würden.

Weiterhin setzt sich das Landgericht umfangreich mit der Frage der Anforderung des Aufwandes sowie der technischen Funktion der Bilderkennungs-Software auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass dieser zusätzliche Aufwand aufgrund der Erheblichkeit der Eingriffe in die Rechte des Klägers der Beklagten zuzumuten ist.

Autor: Rechtsanwalt Eckard Nachtwey