Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (AZ: I ZR 224/12) hatte sich in einem jüngst entschiedenen Fall über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des automatisierten Abrufs (Screen Scraping) von Flugangeboten von einer Internetseite und der Nutzung dieser Daten für eine weitere Internetseite zu befassen.

Geklagt hatte eine Fluggesellschaft, die ausschließlich im Direktvertrieb tätig ist. Ihre Flüge werden nur auf der eigenen Internetseite und über das eigene Callcenter angeboten, wobei Besucher der Webseite und Anrufer beim Callcenter über verschiedene Zusatzleistungen, wie zum Beispiel Mietwagen und Hotels, neben den Flugangeboten ausführlich informiert und zur Buchung animiert werden.

Die Beklagte betreibt eine Internetseite in Form eines Such-Portals, über das Kunden auch Flüge verschiedener Airlines suchen und vergleichen können. Der Besucher der Webseite wählt Start- und Ziel-Flughafen aus, gibt ein Datum ein und erhält eine Trefferliste mit den möglichen Flügen und entsprechenden Preisen. Die Daten erhält die Beklagte durch ein automatisiertes Verfahren (Screen Scraping), wonach auf den verschiedenen Internetseiten der Fluggesellschaften die Flugzeiten und –preise abgerufen (abgegriffen) werden.

Dieses Verfahren, das so genannte „Screen Scraping“, wollte die Klägerin, aufgrund der Möglichkeit der Erstattung von Provisionen für den Vermittler, grundsätzlich unterbinden. Aus diesem Grunde hatte die Klägerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen so verfasst, dass die Klägerin den Einsatz eines automatisierten Systems oder einer Software zum Herausziehen von Daten von ihrer Internetseite, um diese auf einer anderen Internetseite darzustellen, dem Nutzer der Internetseite der Klägerin untersagt. Ferner hatte die Klägerin den Abruf von Flugzeiten und –preisen so gestaltet, dass nach Eingabe von Start- und Ziel-Flughafen sowie Datum, die Benutzer immer ein Häkchen bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen machen mussten, um die angeforderten Informationen von der Seite der Klägerin zu erhalten.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr auf die Revision der Beklagten entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG nicht vorläge. Es sei im vorliegenden Streitfall eine Gesamtabwägung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der Allgemeinheit durchzuführen, welche nicht zu der Annahme führe, dass die Klägerin durch die hier vorgenommene Vermittlung von Flügen durch die Beklagte, ihre eigenen Leistungen am Markt in angemessener Weise zur Geltung bringen könne. Um eine solche nach § 4 Nr. 10 UWG anzunehmen, sei es erforderlich, dass eine Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Entfaltungsmöglichkeit vorläge, welche über die allgemeine Behinderung im Wettbewerb hinausgehe und bestimmte Unlauterkeitskriterien aufweise. Allein die Tatsache, dass die Beklagte sich über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin mit ihrem automatisierten System zum Abruf der Daten hinwegsetze, führe, nach Auffassung des Senates, nicht zu einer wettbewerbswidrigen Behinderung der Klägerin.

Nach Ansicht des erkennenden Senates kann ein Unlauterkeitsmoment allerdings darin gesehen werden, dass die Beklagte eine technische Schutzvorrichtung der Klägerin überwinde, mit der die Klägerin ihr Internetangebot vor dem Abgriff von Suchdiensten schütze. Einer solchen technischen Schutzmaßnahme stehe es aber nicht gleich, wenn die Klägerin vor Nutzung ihres Internetangebotes, die Akzeptanz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Ankreuzen eines Häkchens abhängig mache und die Beklagte sich hierüber hinwegsetze.

Aus diesem Grunde wurde das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und zur Neuverhandlung zurückverwiesen.

Autor: Rechtsanwalt Felix Seehausen, LL.M.