Der 24. Senat des Bundespatentgerichts (24 W (pat) 25/10) hat über die Beschwerde im Widerspruchsverfahren gegen die Marke „ENVITEC“ entschieden. Der Senat hob die den Widerspruch zurückweisenden Beschlüsse von Erst- und Zweitprüfer auf und hat die teilweise Löschung der Marke angeordnet.

Die Anmeldemarke „ENVITEC“ war für Waren der Klassen 1 und 7 sowie für Dienstleistungen der Klassen 40 und 42 beansprucht. Widerspruch war aus der Wortmarke „EnviCat“ erhoben worden, die für die Waren „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, insbesondere Katalysatoren und Adsorbentien“ registriert ist.

Die Erstprüferin der Markenstelle für Klasse 1 hatte die Verwechslungsgefahr mit dem Argument verneint, dass sich die Vergleichsmarken bei hoher Warenähnlichkeit in der Klasse 1 nicht verwechselbar Nahe kämen.

Auf die begründete Erinnerung hin hat der Zweitprüfer die Zurückweisung des Widerspruchs bestätigt, jedoch mit dem Hinweis, dass die nach der Einrede der mangelnden rechtserhaltenden Benutzung von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsnachweise nicht hinreichend seien, um eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft zu machen.

In der Beschwerdebegründung hat die Widersprechende den Widerspruch auf die Waren der Klasse 1 und die Dienstleistungen der Klasse 42 beschränkt. Zudem hat sie ausgeführt, dass bei identischen Waren und hochgradig ähnlichen Dienstleistungen die Vergleichsmarken nicht den erforderlichen Abstand zueinander besäßen, da beide mit dem identischen Anfangsbestandteil „Envi“ gebildet seien und das Wortende sich nicht stärker bemerkbar mache.

Die Inhaberin der Anmeldemarke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht mehr zur Sache geäussert.

Der 24. Senat begründet seine die Beschlüsse aufhebende Entscheidung damit, dass die im Verfahren zuletzt vorgelegten Benutzungsunterlagen und die glaubhaft gemachten Umsatzzahlen geeignet seien die ausreichnde rechtserhaltende Benutzung zu belegen.

Zur Warenähnlichkeit führt das Gericht aus, dass soweit die Widerspruchsmarke rechtserhaltend für Katalysatoren für gewerbliche Zwecke benutzt sei, diesbezüglich zu den unter der Anmeldemarke geschützten Katalysatoren für chemische Prozesse Warenidentität bestehe. Gleiches gelte für die chemischen Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke (wird weiter ausgeführt).

Zur Begrüdung der nach Auffassung des Senats nicht bestehenden Dienstleistungsähnlichkeit mit den Waren der Klasse 1 führt dieser aus, dass bei der Beurteilung einer möglichen markenrechtlichen Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen darüber Einvernehmen bestehe, dass Dienstleistungen weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch den durch sie geschaffenen Waren ähnlich seien. Entscheidend sei vielmehr, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck entstehen könne, dass bestimmte gleich oder ähnlich gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen aus demselben oder zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen herstammten (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 93 m. w. N.) Dass es generell branchenüblich wäre, dass die selbständige gewerbliche Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens sowohl auf die Produktion chemischer Erzeugnisse als auch auf Dienstleistungen von Chemikern und Physikern sowie auf wissenschaftliche und industrielle Forschung für Dritte gerichtet wäre, habe der Senat nicht feststellen können und habe zudem auch die Widersprechende nicht schlüssig dargetan.

In der mündlichen Verhandlung habe die Widersprechende jedoch plausibel und von der – nicht vertretenen – Markeninhaberin unbestritten wie folgt vorgetragen: Die von ihr entwickelten Katalysatoren und Adsorbentien seien wesentliche Elemente für große Raffinerieanlagen. Es gehöre zu den besonderen Eigenschaften dieser Katalysatoren und Adsorbentien, dass sie mehrere Jahre ohne jede Unterbrechung funktionieren könnten, so dass die mit ihnen ausgerüsteten Anlagen über denselben Zeitraum durchgehend arbeiten könnten und nicht heruntergefahren werden müssten. Das möglichst lang andauernde, unterbrechungsfreie Funktionieren dieser Anlagen sei ein wesentlicher Faktor für Betriebskosten und Gewinn. Aus diesem Grund käme es immer wieder zu Kooperationen zwischen den Abteilungen für Forschung und Entwicklung der Widersprechenden und Betreibern großer Anlagen, auch bei der Konzeption dieser Anlagen. Weiter gehöre es zu den Leistungsangeboten der Widersprechenden, ihre Kunden bei den Vorbereitungen für das Hochfahren einer Anlage, die mit Katalysatoren und Adsorbentien der Widersprechenden ausgerüstet wurde, mit eigenen Expertenteams zu unterstützen.

Dieser Sachvortrag – seine Richtigkeit unterstellt – begründe dennoch, so die Ansicht der Richter des 24. Senats, keine markenrechtliche Ähnlichkeit zwischen den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen. Es gelte der Grundsatz, dass Dienstleistungen mit den durch sie erzielten Ergebnissen nicht ähnlich seien. Der Umstand, dass Produkte eines Industriezweiges unter (wesentlicher) Mitwirkung von Technikern auf dem Gebiet des entsprechenden Industriezweiges entwickelt und hergestellt werden, stelle kein Kriterium der markenrechtlichen Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen dar (vgl. BPatG, Beschluss vom 27. April 2010 – 33 W (pat) 1/09)).

Anmerkung: Auch weiterhin bleibt die Frage der Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von Marken von besondere Bedeutung. An diesem Schnittpunkt zeigt sich die mangelnde Homogenietät im System des markenrechts. Zwar sind Dienstleistungen seit langem registriebar jedoch fehlt es immer noch eine einer fortlaufenden Praxis für die Herleitung der Bezüge zwischen Waren und Dienstleistungen. Dies gilt nur mit wenigen Ausnahmen für alle Bereiche der Dienstleistungen. Anderes gilt insbesondere im Bereich der Ware Software und der Dienstleistung des Erstellens, und Aktualisierens von Software.

Autor: Rechtsanwalt Eckard Nachtwey