Am 20.09.2013 hat der deutsche Gesetzgeber die neuesten Änderungen zum Verbraucherschutz beschlossen, welche mit Wirkung zum 13.06.2014 in Kraft treten. Diese Änderungen beruhen auf der EU-Richtlinie 2011/83/EU – „Verbraucherrechte-Richtlinie“ – welche in nationales Recht umgesetzt werden musste.

Mit den zum Stichtag 13.06.2014 in Kraft tretenden Änderungen müssen insbesondere Online-Händler sorgsam umgehen und ggfls. ihre Widerrufsbelehrungen, AGB und Informationstexte an die neue Rechtslage anpassen. Dabei sind die Änderungen zum Teil marginal, zum Teil jedoch auch mit Schwierigkeiten für Unternehmer verbunden.

Im Folgenden wollen wir Ihnen die wichtigsten Änderungen für Online-Händler darstellen:

1. Der Verbraucherbegriff

Aufgrund der zum Teil strittigen Auslegung der Definition in § 12 BGB zu dem Umstand, wann jemand Verbraucher ist und welche Handlungen dem gewerblichen Bereich einer Person zuzurechnen sind, wurde die Definition angepasst. Als Verbraucher handelt nunmehr jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft abschließt, welches nicht überwiegend zu Zwecken ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient.

2. 14-Tage-Frist

Erstmalig sieht die Europäische Richtlinie zum Verbraucherschutz in den Mitgliedstaaten eine Widerrufsfrist von 14 Tagen vor. Für sämtliche Versandhändler, ausgenommen Finanzdienstleistungen, gilt künftig in der Europäischen Union eine Widerrufsfrist von 14 Tagen ab Erhalt der Ware.

3. Ausübung des Widerrufsrechts

Bislang war es deutschen Verbrauchern möglich, ihr Widerrufsrecht schriftlich oder durch Rücksendung der Ware auszuüben. Dieses ändert sich nunmehr in der Gestalt, als dass künftig der Widerruf durch den Verbraucher ausdrücklich erklärt werden muss. Dabei wird es dem Verbraucher jedoch erleichtert, diese Erklärung gegenüber dem Unternehmer abzugeben, da das Formerfordernis hierfür entfällt. War es dem Verbraucher zuvor nur möglich, den Widerruf in Textform abzugeben, reicht nach der Änderung nun auch ein Telefonanruf.

Die bloße Rücksendung der Ware, ohne weiteren Kommentar durch den Verbraucher, reicht jedoch zur Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr aus.

Zudem ist neu hinzugekommen, dass der Unternehmer den Verbraucher stets darüber zu informieren hat, wie er sein Widerrufsrecht ausüben kann. Ferner muss der Verbraucher dem Unternehmer ein vom Gesetzgeber erstelltes Muster zur Widerrufserklärung zur Verfügung stellen. Dieses Muster kann der Verbraucher zur Ausübung seines Widerrufs nutzen und an den Unternehmer schicken; er ist aber nicht zu dessen Nutzung verpflichtet.

4. Erlöschen des Widerrufsrechts

War es unter der bisherigen Gesetzeslage möglich, dass bei falscher oder mangelhafter Widerrufsbelehrung dem Verbraucher ein „unendliches“ Widerrufsrecht zustand, ist dieses nun zeitlich in jedem Fall begrenzt. Künftig soll das Widerrufsrecht des Verbrauchers 1 Jahr nach Ablauf der gesetzlichen 14-Tage-Frist erlöschen, auch wenn die Widerrufsbelehrung falsch oder nicht erteilt wurde. Mit dieser Regelung sollen auch für Online-Händler nunmehr Altfälle spätestens nach einem Jahr abgeschlossen werden können.

5. Neuregelung der Ausnahmen

Bereits in der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Widerrufsrecht finden sich verschiedene Ausnahmen vom generellen Statut der Widerrufsrechte. Mit Änderung zum 13.06.2014 werden auch die Ausnahmen reformiert.

Es sollen nunmehr vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sein:

– Versiegelte Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,

– Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,

– Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat.

Diese Neuerungen bei den Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind insbesondere für die Händler interessant, welche Sachen für den äußerst privaten und intimen Bereich vertreiben, da in diesen Fällen nunmehr kein Widerrufsrecht bestehen soll.

6. Deckelung der Hinsendekosten

Sind nach der bestehenden Gesetzeslage die Unternehmer im Falle des wirksamen Widerrufs der Verbraucher verpflichtet, die Kosten der Hinsendung der Waren vollständig zu übernehmen, werden diese nach der Novellierung nunmehr gedeckelt.

So war es früher unter Umständen möglich, dass der Verbraucher auch bei Express- und/oder Nachnahmelieferungen zusätzliche Kosten verursachte, welche der Unternehmer im Falle des Widerrufs zu erstatten hatte. Nach der Neuregelung werden nur noch die Kosten der „normalen“ Hinsendung, sprich die günstigsten Versandkosten, erstattet.

7. Kosten der Rücksendung

Bislang galt im deutschen Recht die sogenannte 40-Euro-Regelung. Demnach konnten Unternehmer mit ihren Kunden vereinbaren, dass die Rücksendekosten bei einem Warenwert von unter 40,00 EUR durch den Verbraucher zu tragen waren, was meistens in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt war. Diese Regelung ist nunmehr vollständig aufgehoben worden und die Verbraucher müssen nunmehr immer die Kosten der Rücksendung, unabhängig vom Warenwert, tragen, wenn sie über diesen Umstand vor Vertragsschluss informiert wurden.

Allerdings bleibt es den Unternehmen natürlich unbenommen, die Kosten der Rücksendung der Waren im Falle des Widerrufs für die Verbraucher freiwillig zu übernehmen.

8. Ausdrückliche Regelung zur Rückabwicklung

Die Rückabwicklung von widerrufenen Verträgen ist nunmehr selbstständig im Gesetz geregelt. Unternehmer müssen nach den Novellierungen nunmehr innerhalb von 14 Tagen nach Widerruf den Kaufpreis an den Kunden erstatten. Andererseits ist auch der Verbraucher zur Rücksendung der Ware innerhalb dieser Frist verpflichtet.

Dabei ist der Unternehmer regelmäßig dazu verpflichtet, dasselbe Zahlungsmittel zur Erstattung des Kaufpreises zu nutzen wie auch der Verbraucher es zur Zahlung der Ware benutzt hat.

9. Zurückbehaltungsrecht

Dem Unternehmer steht ebenfalls ab 13.06.2014 ein eigenes Zurückbehaltungsrecht zu. Er kann künftig die Rückzahlung des Kaufpreises und der eventuell angefallenen Versandkosten solange verweigern, bis er die Ware vom Verbraucher zurückerhalten hat oder dieser ihm einen Nachweis der Rücksendung der Ware geliefert hat.

10. Kostenpflichtige Nebenleistungen

Künftig werden voreingestellte Nebenleistungen nicht mehr Vertragsbestandteil und der Unternehmer hat zukünftig keinen Anspruch auf ein entsprechendes Entgelt.

War es früher in gewissen Situationen üblich, dass durch den Unternehmer bereits bei bestimmten Einstellungen ein Häkchen gesetzt war, welches eine kostenpflichtige Nebenleistung vereinbarte, schloss der Verbraucher in solchen Fällen meist unbemerkt einen für ihn kostspieligen und unnötigen Zusatzvertrag. Mit der Neuregelung ist solchen Geschäftsgebaren ein Riegel vorgeschoben. Der Unternehmer hat nur dann Anspruch auf das betroffene Entgelt, wenn der Verbraucher selbst aktiv das Häkchen gesetzt hat (sogenanntes „Opt-in-Verfahren“).

11. Zuschläge für Zahlungsarten

Bekannt ist außerdem, dass Online-Händler für bestimmte Zahlungsarten zum Teil Preisaufschläge vorsahen. Eine solche Vereinbarung bezüglich des sogenannten „Surcharging“ ist zukünftig zulässig, wenn dem Unternehmen Kosten in gleicher Höhe bei der betroffenen Zahlungsart selbst entstehen. Ein Mitverdienen des Unternehmers über die Zuschläge ist zukünftig grundsätzlich rechtswidrig.

Ferner sieht das Gesetz vor, dass Verbrauchern eine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit angeboten werden muss.

12. Kosten für Hotlines

Zukünftig ist es Unternehmern ferner untersagt, für den telefonischen Kundenservice im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag Mehrwertdienstenummern – etwa unter der Vorwahl „0900“ – anzubieten. Für solche Anrufe, die im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag erfolgen, muss der Unternehmer dem Verbraucher zukünftig eine Hotline nennen, wenn er dies tut, die nicht mehr als den Grundtarif kosten darf.

13. Informationspflichten und Verbraucherschutz

Aus der Novellierung des Verbraucherschutzrechts ergeben sich zudem umfangreiche Informationspflichten der jeweiligen Unternehmer. Bei den Informationspflichten sind insbesondere die folgenden Änderungen hinzugekommen:

– Angabe des Gesamtpreises, einschließlich aller Steuern und Abgaben

– Der späteste Liefertermin mit exaktem Datum

– Lieferbeschränkungen und akzeptierte Zahlungsmittel

– Die ggfls. bestehende Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht.

Die o. g. Änderungen treten mit Wirkung vom 13.06.2014 in Kraft und sind sodann von jedem Anbieter im Fernabsatz einzuhalten.

Aufgrund der zum Teil schwammigen Formulierungen des Gesetzgebers kann es unter Umständen in den Anfangsmonaten hier zu erheblichem (juristischem) Klärungsbedarf kommen und gerade in Bezug auf das Widerrufsrecht und die Formulierungen der AGB eine neue Abmahnwelle rauschen.

 

Sollten Sie für Ihren Online-Shop noch nicht für die Änderungen gewappnet sein, können wir von NACHTWEY IP Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen.

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Autor: Rechtsanwalt Felix Seehausen, LL.M.