Jüngst hat das Bundespatentgericht über die Beschwerde (24 W (pat) 34/12) gegen den einen Widerspruch zurückweisenden Erinnerungsbeschluss entschieden. Nach Auffassung des 24. Senates des Bundespatentgerichtes bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen der jüngeren Marke „Villino“, für „Raucherwaren, Streichhölzer und Tabak“ beansprucht, und der Marke „Villiger“, beansprucht auch für „Tabakwaren“ und dergleichen.

Bereits die Markenstelle für Klasse 3 hatte in zwei Beschlüssen die Verwechslungsgefahr der Vergleichskennzeichen verneint. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden hatte die Markenstelle für die Wortmarke „Villiger“ keine erhöhte Kennzeichnungskraft festgestellt. Die Marke habe trotz der bereits auf das Jahr 1909 zurückgehenden fortlaufenden Benutzung keine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft durch Benutzung erlangt. Auch durch die Tatsache, dass die Vergleichsmarken für identische Waren beansprucht seien, ergäbe sich keine Verwechslungsgefahr, da die Vokalfolgen („i-i-o“ gegenüber „i-i-e“) hinreichend abweichend seien.

Gegen die den Widerspruch zurückweisenden Beschlüsse hat die Widersprechende form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Mit eidesstattlicher Versicherung macht sie bestimmte Umsatzzahlen und Aufwendungen für die Marke „Villiger“ glaubhaft. Daneben verweist sie auf die lange Nutzungsdauer dieser Marke im Markt und einen Marktanteil für den Markt von „Zigarillos“ von etwa fünf bis sechs Prozent für das Jahr 2010. Schließlich weist sie darauf hin, dass die Schlusssilbe „no“ in der jüngeren Marke den Diminutiv bilde und daher die beteiligten Verkehrskreise hier eine von der Wortmarke „Villiger“ hergeleitete Abwandlung erkennen würden.

Der 24. Senat führt zur Verwechslungsgefahr aus, dass bei Warenidentität und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Gefahr von Verwechslungen dann nicht bestehe, sofern, wie in dem zu entscheidenden Fall, die einander gegenüberstehenden Zeichen einen deutlichen Abstand zueinander einhielten, da sie sich in Schriftbild, Klang und Begrifflichkeit hinreichend deutlich voneinander unterschieden.

Nach Auffassung des Senates verfüge die Widerspruchsmarke nicht über eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Für die Feststellung der gesteigerten Verkehrsbekanntheit seien alle relevanten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dies seien Marktanteil, Benutzungsdauer und Intensität der Benutzung, geografische Verbreitung, getätigte Werbeaufwendungen und der Anteil der Verkehrskreise, der die mit der Marke gekennzeichneten Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkenne.

Die vorgenannten Tatsachen müssten durch die Partei, die sich hierauf berufe, glaubhaft gemacht werden. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung genüge diesen Anforderungen nach Auffassung des Senates nicht. Die eidesstattliche Versicherung differenziere zwischen den einzelnen Produkten, die unter der Marke „Villiger“ vertrieben würden, nicht hinreichend präzis. Die Angaben der Umsatzzahlen bezögen sich nicht auf den zuvor in der eidesstattlichen Versicherung definierten Markt. Selbst die Richtigkeit der Angaben zu Umsatzzahlen und Marktanteil der Widersprechenden unterstellt, ergäbe sich hieraus kein hinreichend klarer Tatsachenvortrag zur Glaubhaftmachung, da sich aus der eidesstattlichen Versicherung nicht hinreichend klar ergäbe, auf welche Produkte der Widersprechenden sich die gesteigerte Verkehrsbekanntheit beziehe. Aufgrund dessen sei nur von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke auszugehen.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat der Senat den üblichen Beurteilungsgrundsätzen den Vorrang eingeräumt. Wenngleich üblicherweise Übereinstimmungen die Kennzeichen stärker prägten als Abweichungen, stellte die am Wortende erkennbare Abweichung „ger“ gegenüber „no“, eine so hinreichend deutliche Abweichung dar, dass diese geeignet sei, bei den beteiligten Verkehrskreisen keine Verwechslungsgefahren zu begründen. Weder läge eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor, noch sei die Gefahr eines „gedanklich miteinander in Verbindung bringen“ der Kennzeichen gegeben. Der beteiligte Verkehrskreis erkenne in dem in beiden Kennzeichen enthaltenen Stammbestandteil „Villi“ nicht einen Stammbestandteil, der auf die Widersprechende und ihr Unternehmen hinweise.

Anmerkung des Autors:

In der ersten Näherung erscheint die Entscheidung des 24. Senates überraschend. Der Unterzeichner kennt die Widerspruchsmarke seit gut 40 Jahren und hätte von daher ohne Weiteres eine erhöhte Kennzeichnungskraft angenommen. Überdies ergibt sich aus dem Grundsatz – den der 24. Senat auch anführt -, dass Übereinstimmungen Marken regelmäßig stärker prägten, als Abweichungen, dass die Vergleichsmarken stärker von den überwiegenden Übereinstimmungen geprägt werden. Daher ist man bei erstem Betrachten geneigt anzunehmen, dass bei einem Übereinstimmen der Vergleichskennzeichen in fünf von acht bzw. in fünf von sieben Buchstaben bei einer identischen Buchstabenfolge an den beiden Wortanfängen und unter Berücksichtigung der Warenidentität Verwechslungsgefahr gegeben sein müsse.

Üblicherweise wird im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr immer damit argumentiert, dass die Wortanfänge bei längeren Markenworten stärker beachtet würden, als die Wortenden. Vorliegend ist jedoch gerade die abweichende Silbe am Wortende maßgeblich für die Entscheidung des 24. Senates, dass keine Verwechslungsgefahr vorläge.

Augenscheinlich begibt sich der Senat der Möglichkeit, mit diesem Grundsatz zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr auseinanderzusetzen, da er sich im Rahmen der Bewertung der Verwechslungsgefahr insbesondere mit dem nach seiner Auffassung mangelhaften Glaubhaftmachen der erhöhten Kennzeichnungskraft auseinandersetzt. Die Begründung des im Ergebnis sicherlich richtigen Beschlusses wäre vermutlich in der ersten Näherung noch überzeugender, wenn im Rahmen der Begründung mangelnden Verwechslungsgefahr auf den durch das Bundespatentgericht immer wieder herangezogenen Grundsatz, dass Markenworte nicht analysierend zergliedert betrachtet werden, durch den 24. Senates hingewiesen worden wäre.

Mit dem Anführen dieses Dogma wäre die Entscheidung deutlich einfacher verständlich, da dann nur dem Anfangsbestandteil „Villi“ eine stärkere Gewichtung zu geben nahegelegen hätte. Dann wird klarer, weshalb die mangelhafte Glaubhaftmachung der erhöhten Kennzeichnungskraft maßgeblicher Grund für die Zurückweisung der Beschwerde war.

Autor: Rechtsanwalt Eckard Nachtwey