Durch Versäumnisurteil vom 17.07.2013 (Aktz.: I ZR 34/12 – Runes of Magic) entschied der BGH über eine Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Der Kläger wendete sich gegen die Bewerbung des Erwerbs von virtuellen Gegenständen auf der Internetseite der Beklagten, mit der Aussage

„Schnapp dir die günstige Gelegenheit und verpasse deiner Rüstung und Waffen das gewisse „Etwas“. Von Montag, den 20. April 17 bis Freitag, den 24. April 17 hast du die Chance deinen Charakter aufzuwerten!“.

Die unterstrichenen Wörter sind durch einen elektronischen Verweis (Link) mit einer Internetseite verbunden, auf der die Beklagte im Einzelnen dargestellte „Zubehörartikel“ für das Spiel Runes of Magic zum Kauf anbietet. Der Kläger hat diese Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet. Unter dem Gesichtspunkt einer an Kinder gerichteten unmittelbaren Kaufaufforderung, Nr. 28 des Anhangs zu § 3, Abs. 3 UWG sowie wegen einer wettbewerbsrechtlich unzulässigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Umworbenen, § 4 Nr. 1 und 2 UWG:

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Werbung lediglich eine mittelbare, nicht tatbestandsmäßige Kaufaufforderung nach Nr. 28 des Anhangs zu 3, § 3, Abs. 3 UWG sei. Es handele sich nicht um eine unmittelbare Aufforderung an Kinder, zum Erwerb einer beworbenen Ware. Die Notwendigkeit, den Link zu betätigen, stehe der erforderlichen Produktbezogenheit entgegen. Dass erst die Befolgung des Appells den Zugang zu der Produktwerbung eröffne, reiche nicht aus.

Die Werbung der Beklagten verstoße darüber hinaus auch nicht gegen § 4 Nr. 1 UWG. Dass mit der Spielteilnahme der Spielbetrieb von Kindern angesprochen werde, qualifiziere die Werbung nicht schon als unangemessen unsachlich beeinflussend.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Revision des Klägers. Die Beklagte war in der mündlichen Revisionsverhandlung, trotz ordnungsgemäßer Ladung, nicht anwaltlich vertreten, so dass die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden war.

Der BGH führt aus, dass es sich bei der angegriffenen Aussage um eine an Kinder gerichtete Kaufaufforderung im Sinne der Nr. 28 des Anhangs zu § 3, Abs. 3 UWG handele. Die in Rede stehende Aufforderung richte sich von vornherein nicht nur an einen begrenzten Adressatenkreis von Minderjährigen über 14 Jahre, sondern nach der Art des beworbenen Produktes, allgemein an nicht volljährige Spieler. Ob ebenfalls Erwachsene von der angegriffenen Werbung angesprochen werden, sei dabei nicht entscheidend. Nach der gesamten Art und Weise der Ansprache sei davon auszugehen, dass in erster Linie Minderjährige und darunter gerade auch Minderjährige, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, gezielt angesprochen würden. Durch die Beurteilung der Werbung im Gesamtzusammenhang ergäbe sich die gezielte Ansprache Minderjähriger, und zwar auch Minderjähriger unter 14 Jahren.

Die Aussage „Schnapp dir …“ enthalte zugleich eine Aufforderung zum Erwerb im Sinne der Nr. 28 des Anhangs zu § 3, Abs. 3 UWG. Die Formulierung sei im Sinne von „Kauf dir …“ oder „Hol dir …“ zu verstehen.

Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dass der Appell „Schnapp dir …“ auch in Verbindung mit dem elektronischen Verweis auf eine weitere Internetseite, nicht die Voraussetzungen einer produktbezogenen „unmittelbaren Aufforderung“ an Kinder, zum Erwerb der beworbenen Ware erfülle, könne diese Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung nicht standhalten.

Für den BGH ergab sich aus dem Gesamtzusammenhang mit hinreichender Deutlichkeit, dass die angegriffene Aussage „Schnapp dir …“, im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit der Beklagten stehe, die unzweifelhaft auf den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sei.

Die angegriffene Aussage fordere die angesprochenen Kinder unmittelbar dazu auf, selbst die beworbenen Produkte zu erwerben.

Soweit für die Anwendung der Nr. 28 des Anhangs zu § 3, Abs. 3 UWG verlangt werde, dass in der Werbung bereits der Preis und die Merkmale des beworbenen Produktes genannt werden, hält der BGH dieses Erfordernis für gegeben. Zwar ergäbe sich nicht schon aus der angegriffenen Aussage selbst ein Produktbezug, allerdings sei vom Berufungsgericht zu Unrecht eine Aufteilung der Werbung in einen, mit dem Link versehenen, nur allgemein gehaltenen Kaufapell und eine davon getrennte, konkrete Produktwerbung, ohne Kaufappell, vorgenommen und damit ein einheitliches Werbegeschehen künstlich aufgespalten worden.

Aus dem sprachlichen Gesamtzusammenhang, in Verbindung mit dem zusätzlich unterstrichenen verlinkten, sprachlichen Hinweis „deinen Charakter aufzuwerten“, der zu einer Internetseite führt, auf der die Produkte nebst Preisen im einzelnen aufgeführt seien, werde der erforderliche Bezug zu den angebotenen Waren und Dienstleistungen herzustellen.

Der angesprochene Spielerkreis erkenne aufgrund der Aussage, im Gesamtzusammenhang mit dem sonstigen Werbeinhalt hinreichend deutlich, dass er zu einem entgeltlichen Erwerb von Ausrüstungsgegenständen aufgefordert werde, auch wenn die einzelnen Waren oder Dienstleistungen noch nicht an dieser Stelle, sondern erst auf der nächsten, durch einen Link verbundenen Seite, dargestellt würden. Hierbei seien die Gewohnheiten der Internetnutzer zu berücksichtigen, die daran gewöhnt seien, dass Informationen zu angebotenen Waren auf mehreren Seiten verteilt sein können. Andernfalls könnte die dem Schutz von Kindern dienende Bestimmung der Nr. 28 des Anhangs zu § 3, Abs. 3 UWG, leichter dadurch umgangen werden, dass die Informationen über das beworbene Produkt auf zwei durch einen Link verbundenen Seiten verteilt würden.

Nach dieser Begründung hat der BGH das angefochtene Urteil aufgehoben und hielt eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht nicht für erforderlich, weil der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes selbst beurteilen konnte, ob die Klage begründet und die Sache zur Entscheidung reif sei.

Gegen das vorstehende Versäumnisurteil wurde bereits Einspruch eingelegt. Es bleibt somit abzuwarten, ob dies eine Änderung in der Sache ergibt.

Anmerkung der Autorin:

Überzeugend begründet der BGH in seiner Entscheidung die Voraussetzungen der unlauteren, an Kinder gerichteten Kaufaufforderung. Nachvollziehbar kann eine Aufspaltung der Werbung durch einen Link nicht als Ausschlusskriterium für eine an Kinder gerichtete Werbung fungieren. Die Aufforderung zum Erwerb und das Bewerben der Produkte, samt Preise, auf einer durch einen Link zu erreichenden Unterseite, stellt ein einheitliches Geschehen dar, das in seiner Beurteilung nicht aufgespalten werden darf.

Wer eine Kaufaufforderung an Kinder mit einem Link versieht, um die Nutzer über diesen Link zu den beworbenen Produkten zu leiten, darf sich nicht auf unterschiedliche, getrennt betrachtete, gegebenenfalls lautere Handlungen berufen dürfen.

Mit diesem Urteil hat der BGH das besonders hohen Schutzinteresse für eher unerfahrene Minderjährige sinnvoll erhöht.

Autorin: Rechtsanwältin Juliane Rater